Für eine Stadt, in der Teilhabe kein Zufall ist
Die aktuellen Debatten über soziale Benachteiligung und zunehmende Segregation in Pforzheim machen eines überdeutlich: Die entscheidenden Weichen für ein gerechtes und solidarisches Zusammenleben werden auf kommunaler Ebene gestellt. Es ist höchste
Zeit, dass wir als Stadtgesellschaft unsere soziale Verantwortung ernst nehmen – und sichtbar gestalten.
Pforzheim braucht ein entschlossenes, inklusives Quartiersmanagement, das nicht nur reagiert, sondern vorausschauend und perspektivisch agiert. Vor allem in jenen Stadtteilen, die besonders von Armut, Migration und Arbeitslosigkeit betroffen sind, muss die Stadt „noch mehr“ aktiv werden. Was es braucht, ist eine offensive Vernetzung von Akteuren vor Ort, eine gezielte Mobilisierung bürgerschaftlichen Engagements und ein ganzheitliches Verständnis von sozialer Stadtentwicklung.
Inklusive Stadtteilentwicklung ist kein Luxus, sondern Pflicht.
Gerade in Pforzheim treffen soziale und ökonomische Herausforderungen auf städtebauliche Vernachlässigung. Wer gesellschaftliche Ausgrenzung verhindern will, muss Chancengleichheit, Integration und Inklusion endlich zur Priorität machen. Dabei geht es nicht nur um Gerechtigkeit, sondern auch um Zukunftsfähigkeit – denn sozialer Zusammenhalt ist eine zentrale Voraussetzung für nachhaltige Stadtentwicklung und nicht zuletzt für Sicherheit und Lebensqualität.
Die Stadtverwaltung muss hier nicht Zuschauerin, sondern treibende Kraft sein – als Impulsgeberin, Koordinatorin und Ermöglicherin eines sozial durchdachten und nachhaltig gerechten Pforzheims.
Alles beginnt in der Kita – und zwar zu jeder Tageszeit
Als Vater weiß ich aus eigener Erfahrung, wie zermürbend die Suche nach einem Kita-Platz sein kann – insbesondere, wenn man Schicht arbeitet, früh morgens beginnt oder erst abends nach Hause kommt. Für viele Eltern, insbesondere Alleinerziehende, wird der Alltag zum täglichen Drahtseilakt zwischen Beruf und Betreuung. Und nicht selten bedeutet das: Erwerbsarbeit ist schlichtweg nicht möglich, weil die Betreuung nicht flexibel genug ist.
Das darf in einer modernen Stadt wie Pforzheim nicht länger Realität sein.
Ich fordere ein flexibles, bedarfsorientiertes Betreuungssystem, das sich am Leben der Menschen orientiert – und nicht umgekehrt.
Was konkret geschehen muss:
- Bedarfserhebung in Kitas und Kindertagespflegestellen: Wie viele Kinder brauchen Betreuung außerhalb der Standardöffnungszeiten – und wann genau?
- Pädagogisches Konzept für erweiterte Öffnungszeiten: Wie sehen Räume, Abläufe und Inhalte aus, wenn Betreuung auch am frühen Morgen oder späten Abend stattfindet?
- Elternpartizipation neu denken: Entwicklung innovativer Instrumente für eine echte, partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Eltern und Betreuungseinrichtungen.
- Nutzung bestehender Förderprogramme zur beschleunigten Umsetzung und Finanzierung flexibler Modelle.
Ziel ist es, Eltern zu entlasten, Kindern stabile Strukturen zu bieten – und soziale Gerechtigkeit praktisch werden zu lassen. Denn was heute Realität ist: Großeltern, Nachbarn oder Verwandte springen regelmäßig ein, weil Kita-Schließzeiten nicht zum Schichtdienst passen. Die Folge? Kinder, die zwischen den Systemen aufgerieben werden. Und Familien, die an den Rand ihrer Kräfte kommen.
Besonders für Alleinerziehende ist das eine Zumutung. Für uns alle aber ist es ein politischer Handlungsauftrag.
Und ja, bessere Betreuung kostet Geld. Aber keine Betreuung kostet uns mehr – gesellschaftlich, volkswirtschaftlich und menschlich. Flexible Kita-Modelle sind eine Investition in Zukunft, die sich nicht nur rechnet, sondern lohnt. Weil sie ermöglichen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: dass jedes Kind und jede Familie eine faire Chance bekommt – unabhängig von Arbeitszeit, Herkunft oder Wohnort.
So sieht soziale Verantwortung im 21. Jahrhundert aus. Packen wir es an. Jetzt.